Zurück ins neue Leben / Getting back to my new life

Seit mehr als einer Woche gehe ich wieder arbeiten. Fast 1 1/2 Jahre war ich zuhause, krank und arbeitslos. Das macht insgesamt 540 Tage und fast 76 Wochen. Das Krankengeld lief auch irgendwann aus und ich setzte mich selbst immer mehr unter Druck wieder ins Arbeitsleben integriert zu werden. Da ich im Online Bereich bleiben wollte und nicht wieder irgendeinen Job machen wollte, hatte ich Angst nichts in dem Bereich zu bekommen. Hier im ländlichen Gebiet werden mehr handwerkliche Jobs oder hinter der Kasse bei einem Discouter angeboten. Online Marketing ist vielen hier ein Fremdwort. „Was machst du? OK.“ Fertig war das Gespräch. Also suchte ich schon beizeiten eine neue Stelle, fuhr nach München zur Firma Gulp wo eine Freundin von mir arbeitet. Obwohl der Marketing Chef wusste, dass ich nicht geeignet für die Stelle war, wollte er mich dennoch kennenlernen. Ich war begeistert. Wir gingen meinen Lebenslauf durch und er zeigte mir wie ich ihn verbessern konnte. Danach empfahl er mich einer Online Firma in Leipzig. Eine allgemeine Email gab mir zu verstehen, dass die Stelle schon weg war. Bis heute ist diese und auch auch eine Trainee-Stelle immer noch ausgeschrieben. Man wollte mir wohl zu verstehen geben, dass ich dort nicht erwünscht sei oder warum sind diese Stellen immer noch ausgeschrieben?

Klar war ich enttäuscht, aber Steff, Leiter des Marketings, machte mir ein Angebot. „Wenn du willst, dann kannst du bei uns erstmal ein Praktikum machen um wieder Fuß zu fassen. Nach dem halben Jahr hast du bessere Chancen. Wir helfen dir.“ Wow so was hätte ich wieder nicht erwartet. Ich war voller Freude und nahm das Angebot an. München, 6 Monate und nur 1.000€. Das müsste doch zu schaffen sein. Innerhalb von ein paar Wochen ein Zimmer zu bekommen war unheimlich schwer und für unter 500€ fast unmachbar. Die Zimmer sahen aus wie die letzten Kaschemmen. Immer mehr machte sich Unmut und Angst breit.

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Es konnte nicht sein, dass mich keiner will. Also bewarb ich mich an den darauffolgenden Tagen auf 10 Stellen. Davon erhielt ich 3 Einladungen zum Vorstellungsgespräch, bei einer anderen Stelle kam ich in die Endrunde und eine Firma bat mir einen Probetag an. Damit hatte ich nicht gerechnet. Also fuhr ich zum ersten Gespräch. Vorbereitet schon etwas, aber nicht zu viel. ,Wenn die mich wirklich wollen, dann so wie ich bin.‘

Da ich im Online Bereich arbeiten wollte, sprich Webdesign, Website Pflege, Content Management, nahm ich meinen Blog als Referenz. Meinen Lebenslauf gestaltete ich so wie meinen Blog. Hübsch anzusehen, kurz, knapp, 2 Fotos drin, Widgets die meine Hobbies und Sprachen anzeigten, alles schnell und übersichtlich erkennbar. So wie ich es mochte.

Während meiner Zeit zuhause bearbeitete ich auch um die Website meiner Freundin, sprich Webdesign, Social Media und PR machte ich für sie, hatte ich noch eine Referenz. Und Content erstellte ich zusätzlich noch für den Steinpalast, der gut und gern preiswertes Lego und Duplo in alle Welt verkauft.

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Zum 1. Vorstellungsgespräch kam ich geschlagene 40 Minuten zu spät. Stau, Baustelle, Stau, Büro nicht gefunden. Zuerst 1 Stunde Vorstellung beider Seiten, dann einen Test absolvieren, der alltägliche Aufgaben wiederspiegelte und dann nochmal zurück in den Meetingraum zum abschließenden Gespräch. Ich war ehrlich, die ganze Zeit über. Warum ich was in meinem Leben machte, dass ich viel reiste, dass ich nochmal studierte, dass ich den Job den ich vorher gemacht hatte gar nicht machen wollte, jedoch annahm, weil ich nicht ohne Job dastehen wollte. Der alte Job hatte zwar zusammen mit meiner Kollegin Spaß gemacht, aber mein Traumjob war es nicht. „Im Einkauf gibt es viel Geld.“ versprach mir der Chef damals. Wenn der wüsste was andere Firmen alles so bieten in der heutigen Zeit… Naja altes Buch zu, neues Buch auf.

Ein paar Tage später dann das nächste Vorstellungsgespräch. Auch eine tolle Firma und auch als Online Marketing Manager. „Wir finden es klasse was sie alles so gemacht haben. Andere lassen sich in der Zeit hängen, Sie haben was draus gemacht.“ Wie sagte Steff so schön: „Hab keine Angst, deine Story ist eine Erfolgsstory, die Leute werden es lieben.“

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In der Zwischenzeit sprach ich mich mit dem Integrationsamt ab. Als ich die Tür öffnete begegnete mir Frau Schmidt mit den Worten: „Also Sie sehen ja total gut aus, überhaupt wie ein Krebspatient. Richtig gesund und erholt. auf der Straße hätte ich Sie niemals wieder erkannt nach unserem letzten Treffen.“ Ich fragte Frau Schmidt im Plauener Büro was ich dem neuen Arbeitgeber für Vorteile bieten würde, wenn er mich einstellte. Dann natürlich auch wie offen ich mit der ganzen Sache umgehen sollte und ob ich den Schwerbehindertenausweis ansprechen sollte. „Natürlich, Frau Sommerfeld, sagen Sie ruhig, dass sie den Ausweis haben. Es ist wichtig für Sie. Die 5 Tage mehr Urlaub brauchen Sie für Ihre Arzttermine, der besondere Kündigungsschutz setzt jedoch erst nach einem halben Jahr ein. Solange haben Sie also Zeit sich mit der Firma zu beschnuppern.“ Dann erzählte sie mir, dass der neue Arbeitgeber sogar meine Ausstattung für meinen Arbeitsplatz bezahlt bekommen würde, sollte dieser neu geschaffen werden. Na, das klang doch alles gar nicht mal schlecht.

„Wir geben Ihnen in den nächsten 2-3 Wochen Bescheid.“ sagte mir der Chef beim ersten Beweerbungsgespräch. Nach einer Woche jedoch klingelte schon mein Telefon. „Du hast uns super gefallen, wir würden uns freuen Sie, ähm, dich in unserem Team begrüßen zu dürfen.“ Ich saß in Hamburg in einer Tapas Bar und freute mich wie ein Schneekönig. „YES!“ rief ich und erzählte gleich einem Freund, mit dem ich gerade essen war, davon.

Im Nachhinein erfuhr ich, dass ich schon beim Vorstellungsgespräch die Favoritin meiner Vorgesetztin war und bei der Absprache mit dem anderen Geschäftsführer er meinte: „Also wenn jemand so viel Elan und Energie hat, und so etwas durchgemacht hat, dem müssen wir doch eine chance geben.“

Damit hatte ich nicht gerechnet, ich war einfach nur baff und dankbar. Und nun bin ich schon in der 2.Woche. Was ich jetzt mache? Ich bearbeitet Websites, so dass sie schön aussehen, pflege Content ein und kümmer mich um redaktionelle Aufgaben. Genau das was ich machen wollte. Und das Beste ist, dass der Kunde, den ich betreue, im medizischen Bereich tätig ist. Genau das was ich auch machen wollte. Eine Aufgabe die Sinn macht. Das, ich weiß gar nicht wie ich es ausdrücken soll, witzige, markabare oder merkwürdige ist, dass ich nun auf der anderen Seite der Medaille sitze. Der Kunde stellt Medikamente her, die ich während der Chemo gegen Übelkeit nehmen musste. Außerdem gibt es Websites wie www.erbrechen-chemo.de die genau das wiederspiegeln, was ich während der Chemo durchmachte. Und dann gibt es diese Momente wo ich einfach nur dasitze und ich einfach nur noch weinen könnte, wenn ich Studien lese die ich gerade hochlade, in den steht, dass die Immuntherapie schon in den 80er Jahren in den Kinderschuhen steckte. Jedoch wurde sie vernachlässigt, weil keiner an den Erfolg glaubte. Und so mussten viele Krebspatienten die nächsten 30 Jahre Chemotherapien über sich ergehen lassen. Der Krebs ist also immer noch ein stiller Begleiter von mir und hilft mir irgendwie zurück ins Leben zu kommen.

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Während ich diesen Text schreibe sitze ich in der
Bahn.
Jeden Morgen fahre ich 45 Minuten hin und zurück. In der Zeit kann ich meinen Blog schreiben, mich ausruhen, etwas schlafen oder nachdenken. Ich bin froh nicht mit dem Auto fahren zu müssen.

Und ich bin froh, endlich wieder zurück im Leben sein zu dürfen.


English Version

Since  more than one week I‘ve been back at work. That makes almost 1 1/2 years at home, sick and no work. 540 days in total and almot 76 weeks. The insurance company was just abput to finish my sickpay  and I put myself under pressure because I had to be integrated at work soon. Because I wanted to stay in the online business I was scared I would not find the job of my dreams and so maybe I had to go back to a job I really didn‘t like ust to get by. We live in the countryside and it‘s quite hard to get a good job here. Most of the jobs are for worksmen oder sitting behind the till at a discounter. No one really has a clue what online marketing actually means. „What are you doing? Ok.“ that‘s what the whole small talk was all about.

So I was searching for job as soon as possible and went to Munich for an interview where a friend of mine works who I studied with. Even though the marketing boss of the company knew that the job wasn‘t suitable for me he still wanted to meet me. I was surprised in a good way. We went through my CV and he helped me imrpoving it. On top of that he proposed a company to me where I fit in perfectly. However a general email made it clear to me that the vacancy wasn‘t available anymore. But until today this vacancy and a trainiee position are still on their website. And I wonder why?!

Of course I was disappointed but Steff, the marketing manager of Gulp wanted to give me a chance. „If you want to you can do an internship in our company and during that time you can look for a position. You‘re chances to get  a better job after that will increase. We will help you.“ Wow, I really didn‘t expect that. I was so happy that I agreed on it. Munich, 6 months and only 1000€ to spend. That should work. However it turned out to be really hard to find a room and even worse to find a cheap one under 500€. The rooms looked really bad and the more I was looking for a room the more I got scared.

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I couldn‘t believe that no one really wanted me to work with them. On the following days I applied for several jobs, 10 in total.  3 of them invited me for an interview, one of the comapnies kept me in the last round and one company invited for a day in the office. To be honest, I really expect that! So I went for the first interview. I prepared a little bit but not too much. Because if they want me, they‘d take me the way I am. Because I wanted to work in the online business like webdesign and content management I took my blog as a reference. I designed my CV the way my blog looked like. It looked nice with 2 pictures of me, widgets that showed my hobbies and languages so you got an easy and fast overview. Just the way I liked it.

I also looked after my friend‘s website, after her social media, her PR and also took that as a reference. Creating content for Steinpalast was another reference. Steinpalast sells good and cheap Lego and Duplo to customers everywhere in the whole world.

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I got ready for my first interview and already had a delay of 40 minutes. Traffic on the motorway and not finding the office made me look quite bad when I finally got there. We introduced each other for an hour, then I had to do a test and afterwards we got back together for a little meeting. „We‘ll let you know in 2 to 3 weeks.“ During my whole interview I was honest about everything. Why I did what in my life, why I loved travelling, why I studied at the end of my 20s and why I did a job before that I actually didn‘t want to do but I was just too scared not to have anything. My old job was fun, don‘t get me wrong, especially with my amazing colleague but it wasn‘t the job of my dreams. „You can make good money in the purchase department.“ My old boss tried to catch me. He doesn‘t have a clue what other companies offer their employees nowadays. Oh well, next chapter in a book.

After a few days I went for the next interview. Also a great company and also a job as an online marketing manager. „We really like what you have done in the past. You didn‘t let yourself down, you made something out of it.“ I remember how Steff said to me in Munich: „Your story is a success story, the peple will love it!“

Just to make sure I was doing the right thing I kept in contact with the integration office. When I opened the door to see Mrs Schmidt for the 2nd time she welcomed me: „You look amazing. I would have never noticed you on the street after our last meeting.“ I asked about the advantages an employer would have hiring me. And also the way I should treat my case, how transparent I should talk about my decease and if I should mention my severely disabled pass. „Of course, Miss Summerfield, tell them that you have that pass. It is important for you. You will need the 5 days more holidays for appointments with your doctors, the special… will only be availabe after the first 6 months. During that time you will have time to get to know the company and see if it suits you there.“ Then she even told me that the employer would get paid for for creating a new workspace for me. That didn‘t sound too bad for me.

„We will let you know in the next 2-3 weeks,“ the boss told me at my first interview. After one week my phone rang though: „We really liked you and would be happy to welcome you in our team.“ At that time I was sitting in  tapas bar in Hamburg and couldn‘t be any happier. „YES!“ I screamed and told a friend who was with me straight away about my new job. My new colleague told me that I was her favourite of all of them and when talking about all the people that applied for the job one of the bosses said:“Well , if someone has so much energy and the courage to do all that we‘ve got to give her a chance.“

I didn‘t expect that and I was totally surprised and greatful. And now it‘s my second week at my new job. What am I doing now? I work with websites, make them look nice and look after content. Exactly what I wanted to do. And the best thing is that our client is working in medicine. This job makes sense to me because it combines both of the things I wwas looking fir. The funny, strange or I don‘t know how to call it, thing is that I am now on the other side of the medal. Our client creates mediaction against sickness for cancer patients. Additionally there are websites like www.erbrechen-chemo.de that show exactly what I was going through. And then there are moments where I just want to cry when I read studies about immunotherapy which was already invented in the 80s but because no one really believed in it many patients had to do chemotherapy for the next 30 years. The cancer is still with me, always next to me and somehow it was him who took me back to the real life.

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While writing this text I am sitting on the train. Every morning it takes me 45 minutes to get to work so I can write my blog, chill, sleep or just reminisce. I‘m glad I don‘t have to drive to work.

And I am happy that I am back to life.

14 Antworten auf “Zurück ins neue Leben / Getting back to my new life”

  1. Das Glück ist mit den Tüchtigen 🙂 Manchmal läuft es fast wie im Märchen.
    Wenn man dich so auf den Bildern sieht, muss man sagen, Respekt! Du strahlst Lebensfreude aus.

    Bist du in Hamburg? Dann grüß mal mein ehemaliges Norddeutschland 😀 Ich komme ursprünglich aus dem Bremer Raum.

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  2. Liebe Su, ich freue mich sehr für Dich und ich hätte Dich auch sofort genommen 🙂 Du hast eine positive Ausstrahlung, schreibst wunderbar und die Fotos sind das I -Tüpfelchen obendrauf.
    Gerne würde ich auch weitermachen, da, wo ich vor dem großen Schub aufgehört habe, aber das wird woh nichts mehr werden…. leider.
    Deshalb schreibe ich meinen Blog und das macht mir riesig Spaß. Ohne Aufgabe ist alles nu halb so schön…
    Fühl Dich gedrückt von Deiner Christine

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  3. Su, wieder ein toller Beitrag von Dir, der mich auch nachdenklich werden lässt, wie es bei mir jobteschnisch nach diesem Ritt weitergehen soll. Denn: wenn ich noch 30 Jahre Arbeit vor mir habe, dann möchte ich was sinnvolles mit meiner Kraft anstellen, nicht mehr nur im Stau stehen, Menschen glücklich machen… Naja, es ist ja noch Zeit. We will see ❤️
    Dich jedenfalls drücke ich ganz feste. 👭

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    1. Ja das kann ich gut verstehen liebe Kati. Ich hatte auch totale Panik was den Job anging… Aber wie mein Motto schon immer war… Irgendwie geht es schon weiter und du bist auch einer der Personen die offensiv mit allem umgeht, ein gutes Beispiel und wer weiß was daraus noch werden wird… Drück dich!😘❤️

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